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Abenteuer Kanada

Deutsche Luftwaffe in Labrador 

Von Anfang der 80er Jahre bis ins Jahr 2005 betrieb die Deutsche Luftwaffe auf dem Flugplatz der Kanadischen Luftstreitkräfte (CFS = Canadian Forces Station) Goose Bay ein Trainingszentrum für ihre Kampfflugzeuge. Im Norden und Süden von Labrador sollte der Tiefstflug geübt werden und das ganze mit Höchstgeschwindigkeit. Im Klartext: Mit maximal 540 Knoten, gleich 1000 Kilometer in der Stunde, wurde nach jahrelangem Training der Piloten Tiefflug bis hinunter auf 100 Fuß, gleich 30 Meter, durchgeführt.

Nocheinmal:  1000 km/Std in 30 m Höhe!

Warum das Ganze?

Kalter Krieg

In Zeiten des Kalten Krieges hatten die Streitkräfte des Warschauer Pakts (WP) massiv aufgerüstet und im Vorfeld der Sowjetunion gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, also im wesentlichen in Polen, der CSSR und der DDR, Tausende von Kampfflugzeugen stationiert. Ihr ungehinderter Einsatz im Kriegsfall hätte die Zerstörung der Flugplätze der NATO in Deutschland und darüber hinaus auch vieler ziviler Ziele bedeutet. Es galt also die Einsatzflugplätze des WP im Konfliktfall frühzeitig „lahmzulegen“, bzw. durch ihre Zerstörung eine zweite Angriffswelle zu verhindern. Nun hatten die russischen Streitkräfte und ihre Verbündeten auch die Luftabwehr für mittlere und große Höhen durch die Raketensysteme SA-2, SA-3 und SA-6  verstärkt und modernisiert, so daß ein Eindringen in ihren Luftraum nur noch in geringsten Flughöhen möglich war.

Russische Flugabwehrraketen SA-6

Tiefflug in Deutschland

Tiefflug in Deutschland konnte in diesen Jahren trotz der aktuellen Bedrohung durch den Warschauer Pakt nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Es existierten viele Sperrgebiete und nur in einigen Gegenden konnten die Piloten in einer Höhe von 500 Fuß, gleich 160 Meter, und das auch nur von Montag bis Freitag, üben. Also war die Deutsche Luftwaffe gezwungen ins Ausland auszuweichen, um sinnvoll die Verteidigung der Heimat zu üben. Das bedeutete für die Kampfbesatzungen, im Frühjahr und Herbst wochenlang in Sardinien auf dem Flugplatz Decimomannu Schießübungen durchzuführen und im Sommer wochenlang eben in Labrador Tiefflug zu üben. Da in anderen NATO-Ländern im Gegensatz zu Deutschland an Sonnabenden militärische Flüge stattfinden durften, verbrachten die fliegenden Luftwaffenbesatzungen zusätzlich viele Wochenenden im Jahr in Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Kaum zu glauben, daß die meisten Offiziere des fliegerischen Dienstes tatsächlich Familien hatten!

Die Devise lautete: Der Soldat schwört, die Bundesrepublik Deutschland, auch unter Einsatz seines Lebens, tapfer zu verteidigen, aber bitte nicht im eigenen Land üben – es könnte zeitweilig durchaus etwas laut werden! Ergo: Emigrieren aus dem Land, das es zu verteidigen galt!

Ja, diese Republik war (und ist) eben anders – als andere. Und auch seine verantwortlichen Politiker!

WDR Frühstücksfernsehen

Dazu ein bezeichnendes Erlebnis später aus dem Jahr 1991, als ich den Posten des Chefs des konventionellen Luftangriffs für Mitteleuropa im NATO-Hauptquartier „Allied Air Forces Central Europe“ (AAFCE) bekleidete. Ich galt wohl als Experte für Tiefflug, als ich vom Verteidigungsministerium in Bonn zum WDR Frühstücksfernsehen geschickt wurde, um zum Thema Tiefflug die Position der Luftwaffe zu vertreten. Eingeladen war auch, sozusagen als „Ankläger“, der damalige Bundesabgeordnete der SPD aus dem Wahlkreis Münster.

Im Münsterland hatte sich eine Protestbewegung gegen „Tieffluglärm“ etabliert und der Volksvertreter wollte sich diese Stimmung zunutze machen.

Vor der Sendung ergab sich die Gelegenheit, in Abwesenheit der Moderatorin der Sendung die Argumente auszutauschen. Der Abgeordnete, bar jeder Sachkenntnis, verstand meine Argumente zur Notwendigkeit des militärischen Tiefflug auch über eigenem Territorium und signalisierte, in der folgenden Diskussion vor laufender Kamera von einseitigen Forderungen zur Einstellungen des Tiefflugs Abstand zu nehmen.

Diese Kehrtwende hielt nicht lange, denn in der Sendung vertrat er dann eins zu eins die Forderungen der Protestbewegung. Das war natürlich für mich ein gefundenes Fressen. Ich knallte ihm die Fakten nur so um die Ohren, so daß die Moderatorin ihm zur Seite springen mußte. Mein inhärenter Hang und Drang zur Wahrheitsfindung führte dann zu der Feststellung: „Herr Abgeordneter, Sie haben doch vor der Sendung eindeutig erklärt, die Fakten hinsichtlich des militärischen Tiefflugs inzwischen zu verstehen und die unbedingte Notwendigkeit jetzt zu bejahen. Warum stellen Sie sich nun so ahnungslos?“ Das saß! Das Frühstück schmeckte unserem Abgeordneten nicht mehr. Die Schlacht am Morgen war gewonnen, natürlich noch nicht der ganze Krieg! Nach der Sendung rügte mich die „neutrale“ Moderatorin“, daß ich mit meiner letzten Feststellung die „Spielregeln“ verletzt hätte. Kann sein – aber was tut man nicht alles für die Wahrheitsfindung!?

Canadian Forces Station (CFS) Goose Bay

Diese Lage in Deutschland war Anlass für die Luftwaffe zum Aufbau des Taktischen Luftwaffen- Ausbildungskommandos Happy Valley/Goose Bay. Zusammen mit der Britischen Royal Air Force, den niederländischen und italienischen Luftstreitkräften wurde von dort aus der Tiefflug geübt.

Dieser Flugplatz hatte ein lange militärische Geschichte. Im Zweiten Weltkrieg war CFS Goose Bay zeitweilig der Flugplatz mit der höchsten Flugfrequenz in der ganzen Welt. Die US Air Force nutzte diesen Platz als Drehscheibe für die Überführung ihrer Kampfflugzeuge  nach Europa. Später waren dort  unter anderem strategische Bomber und dann auch kanadische Abfangjäger stationiert. Der Flugplatz liegt auf einer Ebene am Churchill River dort, wo der sehr breite Fluß in den Lake Melville mündet, der wiederum den direkten Zugang zum Atlantik bietet. Das war wichtig für die Versorgung der Basis und der kleinen Ortschaft Happy Valley in den sieben Wintermonaten Oktober bis April, denn die Basis war dann komplett eingeschneit.

Die Ortschaft Happy Valley, nur wenige Kilometer von der Basis entfernt, umfaßte zu meiner Zeit circa 8000 Einwohner, die meisten von ihnen waren in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem schnellen Aufbau der Basis im zweiten Weltkrieg gekommen.

Lake Melville Labrador

Provinz Neufundland und Labrador

Die Provinz Labrador eignete sich hervorragend für die militärischen Tiefflugübungen, da von einer Fläche von dreihunderttausend Quadratkilometern (so groß wie Italien), einhundertdreißigtausend (dreimal so groß wie die Niederlande) genutzt werden konnten. Und das bei einer Gesamtbevölkerung von nur siebenundzwanzigtausend Einwohnern! Zwei Drittel davon sind native Einwohner, die zu dem Eskimo-Stamm der Inuit und dem Indianer-Stamm der Innu gehören. Die nächstgelegene Siedlung der Inuit befindet sich 30 km nordwestlich der Basis in North-West River/Shehatshiu, außerhalb der Tieffluggebiete natürlich. Die Tierwelt in Labrador wird beherrscht von den Karibus, verwandt und ähnlich mit den Rentieren Skandinaviens. Karibuherden können bis zu unglaublichen hunderttausend Tieren umfassen und dürfen natürlich nicht im extremen Tiefflug überflogen werden. Karibufleisch gilt in Labrador als Delikatesse. Es schmeckt für unsere europäischen Zungen etwas streng und ist auch nicht sonderlich zart. Ansonsten gibt es Populationen von Braunbären und Wölfen. Beide Tierarten müssen bejagt werden, da sie sich sonst zu sehr vermehren. Die Bevölkerung lebt natürlich auch vom Fischfang. Im riesig-breiten Churchill River, den kleinen, aber reißenden Flüssen  und den vielen Seen fängt man große Hechte und Lachsforellen. Vom Atlantik kommen dazu Hummer, die damals für ein Dollar das Stück (!) verkauft wurden.

Eskimo Stamm der Inuit

Ein ganz trauriges Kapitel ist die Geschichte der Eskimos des Stammes der Inuit, die sich am Westrand des Lake Melville angesiedelt haben oder genauer gesagt, angesiedelt wurden. Leider hatten diese halbsesshaften Eskimos über die Zeitachse ihre traditionellen Fähigkeiten zur Jagd im Meer von Walen und am Meer von Robben sowie in den Wäldern von Karibu, Bären und Wölfen mehr und mehr verloren. Die neuen Siedler brachten ihre eigene Zivilisation mit und die Einheimischen versuchten sich zu assimilieren. Statt immer neue Jagdgebiete zu suchen, wurden für sie feste Holzhäuser gebaut. Statt selbst zu jagen, konnten sie nun alle Nahrungsmittel in den „stores“ der neuen Siedler in Happy Valley kaufen. Die kanadische Regierung machte in gutgemeinter Absicht den großen Fehler, allen Familien der Nativen im Land und damit auch den circa 550 Inuit am Lake Melville zum Ausgleich für Vertreibung und Verfolgung in der Vergangenheit monatliche „pay checks“ auszuteilen. Die Folge war und ist verheerend: Statt sich selbst zu versorgen, wird das Geld hauptsächlich in Alkohol umgesetzt. Dieses Volk ist zum Aussterben verurteilt. Für die Einwohner von Happy Valley ist die Siedlung der Inuit Sperrgebiet.

Aber nicht umgedreht, denn immer wieder versuchten Inuitfrauen in die Unterkunftsgebäude unserer Soldaten einzudringen um sich anzubieten. Sehr personalaufwendig mußten wir deshalb nachts Wachen aufstellen. Die militärische Basis selbst war sonst völlig unbewacht – klar, es gab hier am Ende der Welt keine Spione oder Saboteure; man konnte nur mit dem Flugzeug hier herkommen. Wer, außer uns Soldaten, wollte das schon?

Tiefflug über Labrador

Immer zu Beginn des Sommers im Mai verlegten die deutschen Luftwaffengeschwader einen Teil der Kampfflugzeuge der Typen TORNADO, PHANTOM F-4 und APLPHA JET von ihren Heimatflugplätzen über ca. 5000 km in diese entlegene Region von Kanada. Über den Atlantik wurden dazu mehrere Luftbetankungen für die Phantom und Tornados notwendig. Die Alfa Jet wurden mit Zwischenlandungen in Island und Grönland eingeflogen. Vor Einsetzen des langen und harten Winters mußten alle Flugzeuge wieder nach Deutschland zurückgeführt werden.

Formation F4 Phantom zur Landung

Die fliegenden Kampfbesatzungen, die nach jahrelangem Training in Deutschland den Status „Combat Ready“, also „voll kampfbereit“ , erworben hatten, wurden mit vielen weiteren Einsätzen in einem „step down programme“ an die Flughöhe von 100 Fuß (30 m) herangeführt.  Zugleich wurde die Einsatzgeschwindigkeit von 420 Knoten (750 km/Std)  auf 540 Knoten (knapp 1000 km/Std) erhöht.

Das Tieffluggebiet im Süden der Basis war vergleichbar mit der mitteleuropäischen Topographie  mit weiten Wäldern und Flusstälern. Hier konnte sinnvoll der Tiefflug geübt werden. In einem Flusstal mit vielen Windungen derartig tief und schnell zu fliegen, erfordert natürlich höchste Konzentration, war aber auch immer wieder ein Erlebnis selbst für die erfahrenen Piloten.

Die Tannen der Wälder in der „area south“ waren allerdings nicht immer einheitlich hoch gewachsen, sodaß es schon mal zu leichten Baumberührungen kam. Wir sprachen dann von „flying trees“, also von „fliegenden Bäumen“. Unsere Phantom aus gutem amerikanischen Stahl konnte offensichtlich viel aushalten! Gotts sei Dank hat es im Laufe der zwei Jahrzehnte nur ganz wenige Unfälle gegeben. Aber wir wußten alle, daß wir auf Grund der Bedrohung durch den Warschauer Pakt unter Führung der Sowjetunion voll einsatzbereit sein mußten. Es galt die Devise: „Train as you fight“, also „übe so, wie du später kämpfen mußt“.

Unsere gute alte F-4 Phantom war natürlich großen strukturellen Belastungen bei diesen Geschwindigkeiten ausgesetzt, aber stets zuverlässig.

Beeindruckend für uns war, wenn wir im Verbund mit den neuen TORNADOs in der der „area north“, die einer Mondlandschaft glich, in Richtung „Harp Lake“ flogen, ein tiefeingeschnittenes Tal circa 80 km lang. Bei hoher Bewölkung konnte wir mit unserer Phantom nach Sicht natürlich unten im Tal fliegen. Lagen  allerdings die Wolken auf der Ebene auf, war unser Latein am Ende. Die TORNADOS stürzten sich jedoch ohne jegliche Bodensicht mit ihrem Geländefolgeradar in vollautomatischer Steuerung in das Tal hinab und waren unter der Wolkendecke verschwunden. Am Ende des Tales kamen sie wie von Geisterhand wieder aus den Wolken heraus. Faszinierend diese Technologie – aber für meine Generation wäre diese Art des Fliegens wohl nichts mehr gewesen. Wie beim zukünftigen autonomen Autofahren – lieber selbst machen!

Harp Lake, Labrador, Kanada

Der Durchflug durch „Schnigges Gap“ im Norden war aber nur im manuellen Flug möglich. Es handelte sich um zwei Felsformationen, die wie ein Tor zum Durchflug im Tiefflug einluden. Entdeckt wurde diese Lücke von „Schnigges“ Schneider, einer unserer Phantom „Kampfhähne“. Von oben sah diese circa 75 Meter breite Felslücke gar nicht so beeindruckend aus, aber wenn man  mit 1000 Stundenkilometer daraufzuraste, wurde diese Lücke immer kleiner. Die ersten Versuche führten bei den meisten Piloten zum abrupten Hochziehen vor der Passage, aber alles eine Frage der Übung! Angeblich sollte es solche Felsformationen auch in unserem möglichen Einsatzgebiet in Osteuropa geben. Darum mußten wir üben!

Sonntage in Labrador am Ende der Welt

Für die Kampfbesatzungen war Sonntags Flugpause. Natürlich wollte man etwas vom Land sehen. Da das Straßennetz aber nur circa 30 Kilometer in die Richtungen Nord und West ausgebaut war, waren die Möglichkeiten natürlich sehr begrenzt. Am Lake Melville war ein Camp mit Holzhäusern errichtet worden, wo die Soldaten auch übernachten konnten.

Aber auch die kurzen Ausflüge waren nicht ungefährlich und nicht immer ein reines Vergnügen:

Neben den „Labadorian Bulldogs“, einer stechenden Libellenart, piesackten uns gefühlte Milliarden von „Black Flies“. Diese winzigen Moskitos stechen nicht nicht, sondern sie hacken die Haut auf, die sich dann entzündet. Es half also nur neben dem Moskitonetz um den Kopf sich mit dem bundeswehreigenen Mückenschutzmittel einzureiben. Die Haut brannte davon und man stank wie ein Puma! Aber wenigstens einmal die Wasserfälle des Churchill Rivers sehen!

Auch wenn man noch nie geangelt hatte, in den Seen bissen die Lachsforellen und Hechte wie von selbst an. Aber wir lernten auch fürs Leben: Ein Hecht (vom Grill) ist so voller Gräten, daß er fast nicht zu genießen ist. Darum werden in der Sterneküche nur passierte Hechtröllchen angeboten. Aha!

Die Black Flies hätten einem unsere Techniker fast das Leben gekostet, denn er war am Samstagabend nach einigen „Labbat Blue“ (kanadische Bier)  oder auch „CC Seven“ (Canadian Club Whisky mit Seven Up) auf dem Heimweg von der Kantine zur Unterkunft auf dem 6-Loch Naturgolfplatz unter einem Baum eingeschlafen. Am nächsten Morgen fand man ihn halbtot, von Black Flies fast aufgefressen. Er mußte nach Halifax ausgeflogen werden. Er überlebte, wollte aber in den nächsten Jahren nicht mehr nach Labrador!

Bärenalarm

Vorsicht war immer außerhalb der Basis Goose Bay und des Ortes Happy Valley geboten, denn es konnte tatsächlich passieren, daß ein Braunbär sich schon mal hier umguckte. Absolut verboten war deshalb für die Abenteuerlustigen, in der Wildnis über Nacht zu campen.

Unseren britischen Kameraden soll aber folgendes passiert sein: Gegen die Bestimmungen wollten zwei mutige Angehörige der Royal Air Force eine Nacht im Zelt 50 Kilometer von der Basis entfernt verbringen. Morgens um sechs Uhr entspann sich dann folgender Dialog: „ Hey Buddy, wake up. There is someone in front of our tent. I will have a look. My goodness, there is big bear outside. I should better put my tennis shoes on.“ His partner asked: „ Why do you put your tennis shoes on? Do you really think you can outrun the bear“? The first one answered: „ No, not the bear, but hopefully you“!

In der Übersetzung: „ Hallo mein Kamerad, aufwachen! Irgendwas ist vor unserem Zelt. Laß mich nachgucken. Mein Gott, da ist ein riesiger Bär draußen. Ich ziehe besser schnell meine Sportschuhe an.“ Der andere: „ Warum die Sportschuhe? Glaubst du, du könntest schneller sein als der Bär“? Der erste: „Nein, nicht schneller als der Bär, aber hoffentlich schneller als du“!

Britischer Humor, halt!

In 16 km Höhe über Labrador/Neufundland

Triebwerkwechsel bei einer F-4 F in  Goose Bay. Vor dem nächsten regulären Einsatz muß das Flugzeug im Testflug überprüft werden. Dazu müssen die Triebwerke in großer Höhe bei Volllast überprüft werden und dann auch einzeln abgeschaltet und wieder angelassen werden. Da ich die Testflugberechtigung besitze soll ich diesen speziellen Flug durchführen. Nach dem Start in Goose Bay melden wir uns bei Gander Radar (Gander, Neufundland) an. Diese Überwachungsstation für Transatlantikflüge hält den Luftraum frei für den kurzen Überschallflug mit maximal 2.2 Mach gleich ca.2400 km/h bei minus 40 Grad Lufttemperatur in dieser Höhe.

Alle Checks sind erledigt, beide Triebwerke springen wieder an und laufen rund. Nun haben wir noch ein wenig Zeit und „schweben“ mit .8 Mach (900 km/h) über Neufundland.

Hudson Bay im Westen, im Osten der Nordatlantik in Richtung Grönland und der Sankt Lorenz Strom im Süden, so sieht das Land aus 13 km (40.000 Fuß) Höhe aus.

Uns sticht der Hafer und  wir steigen mit Mühe und immer wieder Schwung aufnehmend (mehr gibt die gute alte Phantom nicht her) auf 52.000 Fuß 16 km), also über der Tropopause und damit in der Stratosphäre. Komplett verboten in  diese Höhe zu fliegen, denn bei einem Platzen des Canopy würde durch den geringen Luftdruck in dieser Höhe (statt 1013,2  Hectopascal wie am Boden, nur noch ca. 250 HPa) mein Blut ohne Astronauten-Druckanzug anfangen zu sieden und der sofortige Tod wäre die Folge.

Gander Radar bemerkt noch nichts. Der Himmel über uns geht jetzt von dunkelblau in lila über. Man kann schon gut die Erdkrümmung erkennen. Aha, die Erde ist doch keine Scheibe!

Aber ich spüre auch in dieser Höhe die unendliche Dimension des Universums. Und ich realisiere mit dem Blick nach unten zu der weithin unbewohnten Fläche Kanadas, wie klein wir Menschen doch sind und letztendlich auch unbedeutend für Mutter Erde und eben das unendliche Universum. Mit welcher Hybris glauben viele dieser kleinen Menschen da unten, sie könnten den Lauf der Erde oder die Klimaveränderungen, die es eben seit Milliarden Jahren gibt, aufhalten! Letztendlich sind wir doch nur Ameisen auf einem großen Feld. Ameisen, die eine Lebenszeit von maximal zwei Jahren haben, wenn sie nicht vorher zertreten werden.  Was sind schon 80 Jahre durchschnittlicher Lebenserwartung der Menschen zu den viereinhalb Milliarden Jahren seit der Entstehung der Erde. Was sind schon 80 Jahre zu der Entwicklung der „Homoniden“ vor 3 Millionen Jahren in Afrika zum homo erectus und dann zum homo sapiens vor einer halben Million Jahren?

 

Ich weiß aber auch, daß ich nach der Landung aus dieser Höhe wieder in das Leben der Ideologen und Klimahisteriker eintauchen muß, die uns weiß machen wollen, daß wir Menschen am baldigen Untergang der Erde schuld sind. Aus der Entfernung betrachtet erkennt man erst wirklich, daß dieser blaue Planet auch noch in Milliarden Jahren unverändert um die Sonne kreisen wird.

Ich würde gern noch mehr Überlegungen einsam in dieser Höhe über der Erde anstellen, aber Gander Radar beendet meine Gedanken abrupt: „German Air Force 3749, we observe you in 52.000 feet. You were not  cleared to this altitude.  Descend immediately to your allocated altitude of 40.000 feet and prepare for a rapid descend into Goose Bay“. Im Klartext: „Runter mit ihnen, aber dalli! Dann Landung in Goose Bay“!

Okay, Wir haben sowieso schon fertig!

Kommandoführer in Goose Bay

Meine eigenen Aufgaben in Goose Bay in den Jahren 1985 bis 1988 waren dreigeteilt:

Zum einen durchlief ich selbst das normale „step down program“ ( Ausbildung tiefer und schneller in vielen Schritten bis auf 30 Meter mit 1000 km/Std) für jedes Besatzungsmitglied mit dem Status „combat ready“ (voll einsatzbereit). Das hieß, zweimal am Tag Tiefflug  allein oder taktisch in Zweier- oder Viererformation. Zum anderen flog ich im Rahmen meiner Lizenzen „Überprüfung und Lehrberechtigung“, „Waffenlehrer“ und „Lehrer für elektronische Kampfführung“ mit jungen Besatzungen in der Ausbildung. Aber das reichte nicht an täglicher Arbeit und Verantwortung: Als Kommandeur zu Hause im Jagdbombergeschwader 36 „Westfalen“ in Rheine /Hopsten war ich natürlich in Labrador auch Kommandoführer von einem der drei aufeinander folgenden Kontingente. Das heißt, Vorgesetzter für 40 Offizier des fliegenden Personals und circa 120 Soldaten des technischen Personals. Die Materialverantwortung für 12 F-4 Phantom und technische Ausrüstung spielt dabei natürlich keine große Rolle. Also war meine Aufgabe, alle Soldaten nach vier Wochen Training in Labrador wieder gesund nach Hause zu bringen, aber dennoch so zu üben, wie ein Einsatz im Ernstfall es verlangt hätte. Es galt, höchste Einsatzfähigkeit und fliegerische Disziplin unter einen Hut zu bringen.

Jedes Jahr flog ein deutsches Geschwader von insgesamt damals 13 Geschwadern (ohne die Waffenschulen) pro Sommer circa 500 Einsätze über Labrador. Zum Ende, bevor der lange Winter einsetzte, gab es immer eine kleine Feier und der Kommandoführer wurde von der Fliegerhorstfeuerwehr abgespritzt. Ein altes Ritual in der Luftwaffe!

Kopfbedeckung  für Soldaten

Die Elite der Luftwaffen-Jetflieger hatte trotzdem sich über die Jahre angewöhnt, am Boden etwas großzügiger mit der äußeren Disziplin umzugehen. Da in Goose Bay zu unserer Zeit ja auch andere NATO-Luftstreitkräfte übten, sollten wir auch am Boden ein gutes soldatisches Bild, wie die anderen, abgeben. Das hieß, außerhalb der „flight line“ Kopfbedeckung zu tragen. Mein diesbezüglicher Befehl wurde natürlich befolgt, aber nicht unbedingt goutiert. So wurde mir zum Ende meines Kommandos  im Jahr 1997 ein großes Schild mit der Kopfbedeckung eines Schiffchen und mit der Unterschrift auf der Rückseite aller Kommandoangehörigen überreicht. Sarkasmus, aber Disziplin muß sein!

Royal Canadian Mounted Police

Die Besatzung der Station der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) in Happy Valley bestand aus ganzen vier Sergeants , die für dieses riesige Gebiet um Happy Valley verantwortlich waren. Als Kommandoführer hatte ich Kontakt zu ihnen aufgenommen, um über die Sicherheitslage informiert zu sein. Es ging im wesentlichen um die ungebetenen „Besuche“ der Eskimos auf dem Flugplatz. Gleichzeitig hätten die Polizisten auch meinen Soldaten in Notfällen helfen können. Aus diesem zuerst dienstlichen Kontakt erwuchsen über die vier Jahre echte Freundschaften, insbesondere zu dem Chef, Loran Good. Ich wurde oft zu Barbeques und Labbat Blue an Samstagabenden eingeladen. Mit mir zusammen war dann auch mein Freund, zu dieser Zeit Kommodore des Jagdbombergeschwaders 36 „Westfalen“ in Rheine/Hopsten, „Manfred „Manni“ Menge, der immer mit meinem Kommando nach Labrador kam und am liebsten auch nur mit mir fliegen wollte (Glory, glory Halelujah, wo sind heute meine Freunde?). Wir taten viel für die deutsche-kanadische Freundschaft und so wurden wir auch zu „Ehren- Mounties“ ernannt.

So passierte uns beiden, daß wir mit unseren vier Freunden , den „Mounties“, etwas zu lange feierten. Unseren Bundeswehr-Dienstwagen, einen VW Käfer in Olivgrün, wollten wir nach einigen Bieren besser nicht zur Basis zurückfahren. Nicht nur, daß wir nicht konnten, sondern, was wäre gewesen, wenn uns die Polizei gestoppt hätte? Die Mounties aber sahen kein Problem in unsrer möglichen Trunkenheitsfahrt. Begründung: Zwei von ihnen hatten ja dienstfrei und blieben sowie im Haus – sturztrunken.  Die beiden anderen im Dienst waren alles andere als nüchtern und konnten natürlich selbst auch nicht mehr fahren. Manni und ich kamen dann unfallfrei zum Flugplatz zurück, und – ohne Kontrolle. Polizei konnte ja nicht da sein….

So ist das am Ende der Welt! Geht doch!

Gastfreundschaft in Happy Valley

Einer unserer besonderen Freunde war ein im Prinzip richtiger Trapper namens  George Way. Er war ein typischer labradoranischer Selbstversorger. Er fischte im Sommer die dicksten Lachse und Hechte aus den Churchill River. Im Winter, sieben Monate lang, war er ein Spezialist für „Ice fishing“, indem er Löcher in das Eis des Flusses bohrte, ein Zelt darüber aufbaute, und stundenlang wartete, bis unter dem Eis ein Fisch anbiss. Im Winter fuhr er mit einem Skidoo, einer Art Motorroller auf Kufen und mehreren Anhängern, weit raus in die Wildnis und erlegte Karibus. George war aber inzwischen als Feuerwehrmann bei der Fliegerhorstfeuerwehr angestellt und hatte wie ein europäischer Normalbürger einen monatlichen Verdienst. Von seinen winterlichen Touren bei minus dreißig bis vierzig Grad zeugten seine ab- und angefrorenen Fußzehen.  George war ein musikalisches Talent. Er sang und spielte auf der Gitarre für seine deutschen Freunde viele Abende, so weit weg von zu Hause. Natürlich immer begleitet von Labbot Blue. Er gab insbesondere die Lieder von John Denver zum Besten, zum Beispiel wie „Country Roads take me home“ etc.. Ich behaupte, er war besser als John Denver! Die Abende am Ende der Welt waren oft sehr emotional.

Labrador, Kohl und Merkel

Im Sommer 1991 führte mich mein Weg noch einmal zurück nach Happy Valley/Goose Bay. Als Pressesprecher im Verteidigungsministerium führte ich ein Gruppe von ausgewählten deutschen Journalisten nach Nordamerika um einige Luftwaffenstützpunkte zu besuchen. Unser erster Aufenthalt war eben Goose Bay in Kanada. Am Nachmittag des ersten Tages dort bekam ich die Nachricht, daß Bundeskanzler Helmut Kohl im Anflug auf Goose Bay für einen Zwischenstopp sei. Das Wetter an der amerikanischen Atlantikküste war zu schlecht für einen Direktflug zum Flughafen von Washington/DC, Dulles International. Das war natürlich eine exzellente Möglichkeit, meinen „Edelfedern“ (Bezeichnung für die Creme der bundesrepublikanischen schreibenden Journalisten) ein Interview mit dem Kanzler zu ermöglichen. Über Funk vom Goose Bay Kontrollturm nahm ich Kontakt zur Kanzler-Boeing auf und Kohls Pressesprecher gab das „ok“ nach Rücksprache mit seinem Chef. Ich wartete mit meinem Journalistentross im Briefingraum des deutschen Kommandos. Der Kanzler erschien mit kleiner Delegation und seiner Frau, Hannelore Kohl. Auch einige Journalisten gehörten zur der Gruppe.

Der Kanzler hatte auch die neue Ministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, mitgebracht, die zum ersten Mal in ihrem Leben nach Amerika reisen durfte. Helmut Kohl begrüßte meine Journalisten, die er natürlich alle kannte.  Als sein Sprecher mich vorstellen wollte, winkte er ab und sagte: „Na ja, Herrn Meyer-Ricks kenne ich schon etwas länger. Den brauchen sie mir nicht vorstellen“. Meine Journalisten waren offensichtlich beeindruckt. Später erklärte ich ihnen, woher mich der Bundeskanzler kannte.

Mit meiner Kenntnis über das DeutschenTaktischen Ausbildungskommandos in Goose Bay erklärte ich dem Kanzler den Auftrag und die Aufgaben  der Luftwaffe hier in Kanada und erklärte ihm die Besonderheiten des Tiefflugs über Labrador.

Nach meinem Vortrag wollte Helmut Kohl natürlich auch wissen, warum ich mit den Journalisten durch Nordamerika reiste. Ich erklärte, daß wir alle Orte, an denen sich in Nordamerika Luftwaffenstützpunkte befinden, besuchen würden. Über die Medien könnten wir so bestens der deutschen Öffentlichkeit und damit auch den Steuerzahlern nahebringen, wie und wo die Deutsche Luftwaffe für den Ernstfall trainiert.

Notlandung des Kanzlers in Rheine/Hopsten

Viele derjenigen, die Helmut Kohl kannten,  meinten, er habe ein Gedächtnis wie ein Elefant. Woher kannte mich der Kanzler?

Anfang Januar 1987 war ich Kommandeur im Jagdbombergeschwader 36 „Westfalen“. Eines abends wurde ich vom Offizier vom Dienst zu Hause angerufen. Der Bundeskanzler sei mit einem Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes im Anflug auf unserem Flugplatz. Wegen starkem Nebels sei eine Landung in Münster nicht möglich. Helmut Kohl befand sich im Bundestagswahlkampf  und reiste von einer Veranstaltung zur anderen. Der Anruf bedeutete, ich mußte schnell raus zur Basis fahren, um den Kanzler zu empfangen. Gerade noch vor der Landung seines Helikopters bei fast null Sicht, kam ich auf dem Flugfeld vor dem Tower an. Ich machte dem Kanzler, wie vorgeschrieben, Meldung: „Herr Bundeskanzler, Oberstleutnant Meyer-Ricks, ich melde keine besonderen Vorkommnisse im Jagdbombergeschwader 36“!

Klar, bei diesem Nebel hatten wir schon am Nachmittag den Flugdienst eingestellt.

Ich fuhr mit dem Kanzler mit meinem Dienstwagen, einem bescheidenem VW Passat in olivgrün, zum Kontrollturm. Der Tower war 24 Stunden am Tag besetzt. Ich trank mit dem Kanzler einige Tassen Kaffee und wir warten, daß der Nebel sich verzog. Das Rotlicht im Kontrollraum zauberte eine seltsame Atmosphäre und Helmut Kohl hatte viele Fragen zur Luftwaffe und unserem Einsatzgeschwader. Dann wurde es ihm zu lang und er fragte, ob er auf dem Fliegerhorst noch etwas besichtigen könnte. In 24- Stunden-Einsatzbereitschaft war tatsächlich die QRA, die „Quick Reaction Alert“, der NATO_Einsatzbereitschaft. In einem streng abgesicherten Areal befanden sich auf unserem Fliegerhorst zwei F-4F Phantom Jagdflugzeuge in Alarmbereitschaft. Sie waren in der Lage, jedes in den deutschen Luftraum einfliegende und nicht identifizierte Flugzeug in höchstens fünfzehn Minuten abzufangen. Das interessierte den Kanzler natürlich. Es entspann sich der Dialog: „ Da fahren wir jetzt hin“. „Leider nicht möglich, Herr Bundeskanzler! Die QRA untersteht der NATO direkt und man kann nur mir einem Spezialausweis dort hinein“ „Ja, aber ich bin der deutsche Bundeskanzler“. Ja, aber Sie sind nicht im Besitz eines NATO-Sicherheitsausweises und auch ein deutscher Bundeskanzler darf dort nicht hinein“! Ich realisierte schon, daß der Kanzler sich meinen Namen, der groß auf meiner Fliegerkombi prangte, merken würde. Gott sei Dank lichtete sich sehr bald der Nebel und die Piloten  des Bundesgrenzschutzes gaben Zeichen zum Aufbruch.

Drei neue Airbus für die Luftwaffe – ohne Namen

Mit der Liquidation der DDR- Fluggesellschaft „Interflug“ im Jahr 1991 gingen die geleasten Airbus A-310 in den Besitz der Luftwaffe über. Die Namensfindung, traditionell mit Namen von Politikern der Republik, sollte zu einem medialen Problem werden. Abgesprochen war zwischen dem Kanzler und dem Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg die Namensgebung „Theodor Heuss“, „Konrad Adenauer“ und „Kurt Schumacher“. Während es sich bei den ersten beiden um Politiker in höchsten Staatsämtern in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland handelte, war Kurt Schumacher der erste Fraktionsführer der SPD im neuen Parlament, besaß aber nie ein Staatsamt. Die Auswahl seines Namens sollte trotzdem eine Verbeugung für einen ehrenhaften Politiker der Opposition sein. Der Airbus „Theodor Heuss“ sollte in VIP- Bestuhlung konfiguriert werden, das Flugzeug „Konrad Adenauer“ in einer Mischkonfiguration, und der Airbus „Kurt Schuhmacher“ in Economy-Bestuhlung. Der große Kurt Schuhmacher – und nur „Holzklasse“! Das  war skandalös – meinte… „Der Spiegel“.

Anruf aus dem Bundeskanzleramt: Der Leiter für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit und enge Vertraute des Kanzlers, Eduard Ackermann, am Telefon: „Sie sind ja mit der Airbus-Geschichte beschäftigt. Der Chef möchte mit Ihnen kurz darüber sprechen“. Kohl: „Herr Meyer-Ricks, vor kurzem haben wir uns getroffen und jetzt haben wir ein gemeinsames Problem. Der Spiegel macht Theater wegen der Airbus-Namen. Können Sie das in Ordnung bringen?  „Klar, Herr Bundeskanzler. Ich habe folgende Idee: Die VIP-Maschine ist doch aus Sicht der SPD ein Flugzeug für die Bonzen. So auch die Mischkonfiguration. Kurt Schuhmacher wäre stolz gewesen, wenn sein Name auf einem Flugzeug für die einfachen Soldaten geprangt hätte. Arbeiterklasse eben. Wo wäre da der Skandal, bitte sehr“?

Kohl antwortete: „Sehr gut! Das gefällt mir! Machen Sie das so!“

Mein Freund vom Spiegel war sauer, denn gegen diese Rhetorik konnte er nicht mehr „anstinken“! Er ließ klugerweise ab von diesem Thema und mußte einen anderen „Skandal“ erfinden. 

Angela Merkel stellt sich vor

Nach den Interviews meiner Journalistengruppe war noch Zeit für ein Erfrischungsgetränk. Eine Frau in den Dreißigern, ungeschminkt mit ziemlich fettigen Haaren und zudem auffällig schlicht für die Kanzlerdelegation gekleidet, trat auf mich zu, streckte mir Ihre Hand entgegen und stellte sich selbst vor: „Ich bin Angela Merkel, die neue Ministerin für Frauen und Jugend“.

Da ich nach einem langen Tag mit den manchmal nervigen Journalisten und dem Vortrag vor dem Kanzler wahrscheinlich schon etwas müde war, reagierte ich wohl etwas schroff: „ Also Frau Merkel,  Sie brauchen sich nicht vorstellen. Schließlich bin ich Sprecher in einem der Ministerien und sollte wohl alle Minister kennen“. Merkel grinste etwas verlegen und nach einem Small Talk war ich sie wieder los. Ja, ich konnte wahrhaftig nicht ahnen, was „Kohls Mädchen“ für eine Karriere machen sollte.

von links: J. Meyer-Ricks, Hannelore Kohl, Helmut Kohl, Angela Merkel

 

Epilog

Ende 2005 beendeten alle übenden Nationen ihr Engagement in Goose Bay und die Deutsche Luftwaffe vermachte ihre gesamte Infrastruktur an Flugzeughallen, Wohngebäuden, Küchen und so weiter der kanadischen Regierung.

Es wurde wieder leise in Happy Valley.

Was wohl aus dem Trapper George  Way, dem Sergeant  Loran Good und seinen RCMP Kameraden und all unseren anderen Freunden in Goose Bay und Happy Valley am Ende der Welt geworden ist?

Jorge

Wurzeln: Deutsch / Englisch / Argentinisch Schule: Abitur deutsch Ausbildung - praktisch: Fliegerischer Dienst Jet Luftwaffe - akademisch: Führungsakademie der Bundeswehr Verwendungen u.a. : - Kommandeur Fliegerischer Dienst - vd. Verwendungen im Generalstabsdienst - Sprecher im Verteidigungsministerium - Sprecher NATO - vd. Verwendungen im Ausland

Dieser Beitrag hat 12 Kommentare

  1. Odo van Laaten

    Goose Bay war für mich immer das Highlight des Jahres. Dieser Artikel ist Top. Danke dafür.

    1. Danke für den Kommentar! Aber auch das Schießen Air-Air und Air-Ground in Deci war immer wieder ein Highlight!

  2. Danke für diesen ausführlichen Beitrag.
    Viele Erinnerungen sind wach geworden.
    Mehrere Male durfte ich live dabei sein und konnte als WtgMechMstr Goose genießen. Auch wenn es ein harter Job dort war, die Erlebnisse sind einzigartig. Bleiben Sie gesund.

    1. Auch für Sie alles Gute! Vielleicht haben wir uns dort am anderen Ende der Welt getroffen?

    2. André Schlaefke

      Toll geschrieben und amüsant zu lesen. Besonders die Geschichte mit der „Arbeiter Klasse“ im Flieger „Kurt Schumacher“ der „Weißen Flotte der Regierung“, gefiel mir. So Insider Wissen ist schon interessant.
      Werde mich mal weiter durch ihren Blog arbeiten und danke es ihn, das es ihn gibt. Sehr schöne Lektüre. Weiter so und das angekündigte Buch werde ich mir nach Erscheinen auch gönnen.
      Bleiben sie gesund und schreibwillig…

  3. Andreas

    Klasse geschrieben, so war es in der Luftwaffe.

  4. Hayo Schweimler

    Das ist ein beeindruckendes Stück Zeitgeschichte ,als der „Kalte Krieg“ in den letzten Zügen lag. Sehr lebendig und amüsant geschrieben. Sie sollten aus ihren Abenteuern ein Buch machen.

    1. Jorge Meyer-Ricks

      Danke für den Kommentar. Es kommen noch mehr „Abenteuer“, z. B. Krieg auf dem Balkan. Später wird alles in einem Buch zusammengefasst!

      1. Gerhard Kern

        Unvorstellbar für einen de nicht in der BW wahr. Super geschrieben.

        1. Ja, es war immer was los! Siempre ataque! (Immer Angriff) Heute: Siempre ataque, achaque! (Immer Angriff, alter Mann)

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